Kapitel 11 – Von Wanaka zur Ostküste
Nachdem wir unseren Weg die Westküste hinunter gemacht hatten, schlugen wir eine neue Richtung ein und fuhren in Richtung Wanaka ins Landesinnere. Der Weg führte über den Haast Pass, eine von drei Passstraßen, die West- und Ostküste miteinander verbinden. Langsam aber sicher wich das Grün des Regenwaldes herbstlicheren Farben. Die Vegetation in diesem neuen Teil der Insel war definitiv anders. Weite Graslandschaften und kurz vor unserem Ziel die riesigen Bergseen Lake Wanaka und Lake Hawea.
Wanaka
Die ersten Tage waren schon wundervoll. Wir bekamen viel Sonne ab und in der Stadt es gab tatsächlich ein paar Läden zum Bummeln. Auf den Bildern sieht man die Stadt und den See vom nahegelegenen Mount Iron aus, den wir an einem sonnigen Nachmittag erklommen. Eine der kleineren Herausforderungen in dieser Gegend. Auch entdeckten wir einen kleinen Irish Pub, welcher wirklich ein tolles Ambiente bot und in dem jeden Sonntagabend eine Open Mic Night (ein Abend an dem jeder Gast auf die Bühne kommen kann und ein paar Songs performen darf) stattfand. Wir fassten uns also ein Herz und gingen am folgenden Sonntag dorthin und spielten ein paar von unseren eigenen Songs. Ich kann nur sagen: wunderbare Stimmung und Leute aus der ganzen Welt, die Lust auf Musik hatten. Das war eine super Mischung.
Nach der Session kamen wir zu unserem Campingplatz zurück. Es war spät und vom Fluss nebenan stieg der Nebel auf und hüllte die Bäume in ein mystisches Gewand. Das Bett musste also noch etwas warten und ich schnappte mir die Kamera und genoss die Gruselstimmung.
Wir verbrachten insgesamt eine Menge Zeit in Wanaka und das aus gutem Grund. Mit Bergdorf-Flavour, Strandpromenade und kleiner Innenstadt ist Wanaka für uns eine der schönsten Städte des Landes und sicherlich ein Ort, an den wir später gern noch mal zurückkehren werden.
Eine Wanderung stand schon seit langer Zeit auf unserer Liste. Dieser Wanderweg, der zum wunderschönen Gipfel des Roys Peak führt, wurde uns schon auf der Nordinsel das erste Mal empfohlen und immer mal wieder von anderen Reisenden erwähnt, die wir so trafen. Wir waren also in Wanaka und konnten diesen nicht auslassen. Wir beobachteten wie immer den Wetterbericht und warteten auf den richtigen Tag und als er dann kam, zogen wir los. Auto geparkt, Sachen gepackt und los gings. 16 Kilometer und ca. 1300 Höhenmeter lagen vor uns. Der Anfang war ernüchternd steil und zeigte uns gleich was uns erwarten würde. Nach den ersten Höhenmetern hatte man schon eine wunderbare Aussicht und wir konnten es kaum erwarten zum Gipfel zu gelangen. Allerdings merkten wir auch, dass vor uns ein langer und sehr schwerer Weg nach oben lag. Nach fast zwei Stunden, die es steil bergauf ging, zogen einige Wolken auf. Die Sicht auf den Gipfel war verdeckt und die Motivation dahin. Wie schon so viele Male zuvor waren wir wieder an dem Punkt, an dem wir überlegten umzudrehen. Manchmal muss man sich in so einem Moment zusammenreißen, seine Motivation finden und einfach weitermachen. Glücklicherweise mussten wir das nicht, da die nächste Person, die wir trafen, zwei Schlüsselinformationen für uns hatte: es war nicht mehr weit und die Sicht vom Gipfel war immer noch klar. Und so schnell kam die volle Motivation zurück und wir liefen weiter. Nur wenige Minuten später wurden wir damit belohnt, was wir uns erhofft hatten. Die unvergleichliche Sicht vom Roys Peak auf den Lake Wanaka und die ihn umgebenen Berge war so umwerfend und so perfekt; selten habe ich so etwas zu Gesicht bekommen. Wundervoll. Mal wieder hatten sich alle Anstrengungen gelohnt und als wir am Abend Postwanderbierchen tranken, kamen wir aus dem Grinsen nicht mehr raus.
Wanaka Tree
Der vermutlich meist fotografierte Baum der Welt durfte natürlich auch nicht fehlen. Der Wanaka tree steht normalerweise einsam umgeben von Wasser im See. Zu der Zeit, zu der wir Wanaka besuchten, schien der See allerdings nicht so viel Wasser zu haben. Somit war das klassische Bild dieses schiefen Gesellen nicht gegeben. Der Sonnenuntergang am Rand des Bergsees mit Blick auf die Gipfel des Aspiring Nationalparks machte den Moment dennoch magisch.
Millenium Track
Auf die Empfehlung eines Kiwis suchten wir uns einen weiteren wunderschönen Tag aus, um den Milennium Track am Rande des Lake Wanaka zumindest ein Stück zu folgen. Und das war ein toller Nachmittagsspaziergang. Die Landschaft hatte sich mittlerweile voll und ganz herbstlich gekleidet. Die Farben Rot und Gelb und Blau dominierten das Bild. In der Sonne war es warm und fast die ganze Zeit hatten wir einen wunderbaren Blick auf den See. An der Stelle, wo wir Mittagspause machten, trafen wir sogar ein paar Schafe an. Keine sonderbare Erscheinung in Neuseeland, ich weiß. Aber so nah am Wasser war es doch irgendwie ein witziges Bild.
Mount Aspiring National Park
Bevor wir Wanaka verließen, fuhren wir noch auf einen Tagesausflug in den nahegelegenen Mount Aspiring Nationalpark. Ziel war es den Rob Roy Gletscher zu sehen. Wir erreichten das Tal über die Mount Aspiring Road von Wanaka aus. Dies bedeutete in diesem Fall ungefähr 30 Kilometer Schotterstraße zu fahren; nicht sonderlich angenehm, aber wir waren ja schon einiges gewöhnt. Nach der langen Anreise wurden wir allerdings nicht enttäuscht. Es ist immer wieder erstaunlich wie unglaublich ruhig es ist, wenn man am Parkplatz aus dem Auto steigt. Das Tal war weit und wunderschön. Einige andere Wanderungen, wie die zur Liverpool Hut, sollten auch sehr lohnenswert sein. Allerdings haben wir da keine Erfahrungen. Der Strom, der am Anfang des Tals in den Lake Wanaka mündet und den wir die letzte halbe Stunde verfolgt hatten, bot hier, wo er direkt aus den Bergen kam, ein noch wilderes Bild. Kristallklar und Türkis wie immer und einfach fesselnd. Wir querten den Strom nach einem kurzen Wegstück und folgten dem Weg in die Berge.
Durch dichten Busch und immer wieder hoch und wieder hinunter führte er uns letztendlich an die Flanke des Rob Roy Gletscher. Von unten aus gesehen nicht ganz so majestätisch wie der Franz Josef, aber dennoch beeindruckend. Wolkenbänder zogen immer wieder durch die Berge und an uns vorbei und schufen eine märchenhafte Stimmung. Auch hier war wieder diese Ruhe, die nur ab und an durch das Donnern von Lawinen in den Bergen unterbrochen wurde. Man erwacht irgendwann aus einer Art Trance und merkt, dass man schon so lange inmitten dieser Szenerie sitzt und einfach nur genießt.
Elephant Rocks
Uns zog es weiter nach Süden und wir nahmen den Lindis Pass und folgten ab Omarama dem Waitaki River in Richtung Ostküste. Oamaru war unser Ziel. Vorher machten wir allerdings einen kleinen Stopp bei Duntroon, um uns die Elephant Rocks anzusehen. Diese Kalksteinfeslen sind auf wunderliche Weise so verwittert, dass sie tatsächlich an Elefanten erinnern. Bekannt sind sie vor allem dadurch, dass sie für den Film die „Chroniken von Narnia“ als Filmset dienten.
Oamaru
Oamaru war unser erster Kontakt mit der Ostküste und man merkt direkt den Unterschied zwischen West Coast und East Coast. Nicht nur, dass es hier keine Sandflies mehr gab (die Beißfliegen kommen so gut wie gar nicht vor an der Ostküste), sondern auch die Vegetation ist eine andere. Seitdem wir am Haast Pass den Dschungel der West Coast hinter uns gelassen hatten, dominierte weites Grasland immer öfter die Landschaft. Es ist hier auch deutlich belebter und mit Christchurch, Timaru, Oamaru und Dunedin finden sich auch einige größere Städte hier an der Ostküste. Oamaru selbst ist zwar nach europäischen Maßstäben klein aber man spürt direkt, dass man in einer Stadt ist. Die Stadt selber ist vor allem für ihre Steampunk-Szene bekannt und für die Pinguine, die hier in der Gegend beheimatet sind.
Moearki Boulders
Das was die meisten Menschen nach Moeraki führt liegt etwas außerhalb des Dorfes, ist groß und rund und aus Stein. Die Moeraki Boulders sind Steinformationen, die sich am Strand der Region finden lassen. Sie sind nahezu perfekt rund und haben eine Zeichnung ähnlich eines Schildkrötenpanzers. Entstanden sind die Brocken etwa vor vier bis fünf Millionen Jahren. Unter der Oberfläche des Meeresgrunds entstanden diese Konkretionen durch Zementation durch Calcit und wuchsen von innen nach außen. Feine Risse die sich über Jahre bildeten wurden durch Calcit und andere Mineralien wieder aufgefüllt und sorgen für die Struktur der Oberfläche.
Pinguine und Robben
Wir hatten einige Wochen vorher einen Tipp erhalten, wo man hier an der Ostküste die besten Chancen hat Pinguine zu sehen. Wir fuhren also zur Abenddämmerung, wenn die kleinen Racker vom Fischen aus dem Meer zurück an Land kommen, zu diesem Spot um Ausschau zu halten. Ein kleiner Weg führte an der Küste die Klippen hinunter auf eine Landzunge. Hier fanden wir zuerst keine Pinguine, dafür aber eine Seelöwenkolonie. Anders als schon mal zuvor am Cape Foulwind kam man hier allerdings näher an die Tiere heran. Man sollte allerdings aufpassen, denn auch wenn sie süß sind und harmlos aussehen, sind es wilde Tiere und unerwartet schnell und gefährlich. Zehn Meter Abstand sollte man immer halten. Generell sollte man meiner Meinung nach beim Tiere beobachten die Tiere durch seine Anwesenheit nicht unnötigem Stress aussetzen. Mit der langen Linse auf der Kamera konnte ich hier trotz eines tierfreundlichen Abstands schön nah fotografieren.
Wir hatten besonderes Glück, denn in dieser Kolonie gab es Jungtiere. Hier ist dann übrigens besondere Vorsicht geboten, denn wie man sich vorstellen kann, haben Eltern immer einen gewissen Beschützerinstinkt. Für mich ein wunderbarer Nachmittag. Immer wieder eine Freude diese wunderschönen Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum zu beobachten.
Nach einiger Zeit des Robbenbeobachtens suchten wir uns einen Platz, um den Nachmittag abzuwarten. Angeblich sollte man an diesem Ort die Möglichkeit haben die sehr seltenen Gelbaugenpinguine zu sehen. Dem mussten wir natürlich auf den Grund gehen. Pinguine sind ziemliche Frühaufsteher und machen sich noch vor Sonnenaufgang auf den Weg ins offene Meer um ihrem Tagwerk, der Nahrungssuche, nachzugehen. Der einzige Zeitpunkt einen Pinguin zu sehen ist somit auf seinem Weg aus dem Wasser zu seinem Nest. Ihr könnt euch vorstellen, dass man für dieses Unterfangen Geduld mitbringen muss. Ungefähr eine Stunde vor Sonnenuntergang sollte man den Strand an dem man welche vermutet beobachten. Wichtig hierbei ist, dass man sich ruhig und versteckt hält, um die Pinguine nicht zu verschrecken, falls diese tatsächlich auftauchen sollten. Unglücklicherweise wurde das Wetter immer rauer. Starker Wind und Kälte machten das Warten unangenehm. Aber echte Pinguine, nicht im Zoo, da klappt man einfach den Kragen noch mal hoch und wartet weiter.
Nach fast zwei Stunden warten hatten wir immer noch keinen Pinguin gesehen und es dämmerte schon langsam, so dass wir enttäuscht beschlossen die Aktion abzubrechen und wieder zurück zum Auto gingen. Ich lief gerade so in Gedanken den Weg an der Klippe entlang, als ich unten auf den Steinen die kleinen Geschöpfe entdeckte. Zu scheu waren diese glücklicherweise nicht. Nun suchten wir uns einen guten Beobachtungsplatz und genossen das Schauspiel. Denn die kleinen Racker sehen wirklich allerliebst aus wenn sie sich putzen oder hintereinander her watscheln oder einfach in der Gegend herumstehen und sich dabei fast selbst auf den Füßen stehen.
Nach diesem Erlebnis flohen wir schnell auf den nächsten Campingplatz, denn das Wetter wurde zunehmend ungemütlicher und sollte über Nacht noch zu einem echten Sturm werden. In der Campingplatzküche schwärmten wir beim Wein immer noch von den tollen Erlebnissen des Tages.