Kapitel 15 – Fjordland

Nachdem wir den südlichsten Teil des Landes für einige Woche erkundet hatten, fuhren wir weiter nach Westen und dann Richtung Fjordland. Der größte Nationalpark des Landes sollte uns eine Menge Eindrücke bieten. Regenwald reicht in den Fjorden bis hinunter direkt ans Wasser und die Natur hat hier wirklich die Oberhand. Wir fuhren als erstes nach Manapouri und blieben dort für ein paar Tage, um ein wenig die Gegend zu erkunden und einen Tagesausflug auf den Doubtful Sound zu machen. Weiter ging es von dort aus nach Te Anau, von wo aus wir den Routeburn Track starteten und dann später Milford Sound besuchten. Alles in allem sind die Wunder Fjordlands tatsächlich beeindruckend und einzigartig. Wild und natürlich und wenn man ein wenig im Nationalpark unterwegs ist, bekommt man dies auch direkt zu spüren.

Hier gibt es eine Menge Orte, an denen der Mensch nicht die Oberhand hat. Allerdings zieht natürlich Milford Sound Touristen an, wie sonst kaum ein Ort in Neuseeland. Die Menschenmassen, die durch Te Anau strömen und hoch zu den Sounds fahren, sind unglaublich groß. Es lassen sich aber dennoch Orte finden, die der normale Tourist meistens nicht besucht und an denen man die Wildheit und die Einsamkeit des Dschungels erleben kann. Fjordland ist definitiv einen Blick wert. Vor allem, wenn man Wildnis erleben will.

Lake Manapouri

Unser Weg führte uns als erstes nach Manapouri. Dieser am Lake Manapouri gelegene Ort war für uns der Startpunkt für eine wunderbare Bootstour auf dem Doubtful Sound. Der See liegt am Rande Fjordlands und fügt sich zwischen den Bergen malerisch in die Kulisse ein. Normalerweise ist das Wasser auf dem See nicht so ruhig wie wir es erleben durften. Mit einer Ausdehnung von 142 km² ist er einer der fünf großen Seen des Landes und kann je nach Wetterlage schon einige große Wellen entstehen lassen. An dem Tag, an dem wir die Fähre nahmen, hatten wir eine fast spiegelglatte Oberfläche. Aber wir kamen ein paar Tage später nochmal nach Manapouri und da sah es ganz anders aus.

Doubtful Sound

Als wir am Ende des Sees ankamen, wurden wir in einen Bus verfrachtet und damit über den Wilmot Pass gebracht. Am anderen Ende des Passes wartete ein kleines Boot auf uns und die Tour begann. Es ist vor allem bemerkenswert, wie verlassen die Gegend ist. Wir verbrachten drei Stunden im Doubtful Sound und wir sahen ein einziges anderes Boot, keine Häuschen und keine Zugangsmöglichkeit außer über das Wasser. Die von Gletschern geformte Landschaft ist atemberaubend schön und so gewaltig, dass man meist nicht aufhören kann zu staunen. Das Wasser ist dunkel und tief und alles was sich oberhalb der Wasserlinie befindet, ist grün und bewachsen. Kein Wunder bei ca. 9000 mm Regen pro Jahr. Zum Vergleich: in Berlin fallen im Jahr ca. 600 mm. Dies ist einer der regenreichsten Orte der Erde mit ca. 200 Regentagen im Jahr. Die Natur profitiert allerdings davon und zeigt sich hier von ihrer schönsten und wildesten Seite.

Als wir am Ende des Doubtful Sounds die Tasman Sea erreichten, konnten wir glücklicherweise die äußerst seltenen Fjordlandpinguine oder auch Dickschnabelpinguine beobachten. Ihre markanten gelben Federn am Kopf lassen sie wie die Punker unter den Pinguinen aussehen. Für uns eine wunderbare Erfahrung diese Tiere in freier Wildbahn zu sehen.

The Monument

Am nächsten Tag hatten wir wieder eine kleine Wanderung vor der Brust. Zuerst fuhren wir mit zwei Kajaks über den Lake Manapouri ans andere Ufer. Dort war es wunderschön und wir waren kurz versucht ein Bad im See zu nehmen. Und dann kamen sie. Sandflies. Überall. Die kleinen Beißmücken können wahre Plagegeister sein und ließen uns wie verrückt am Strand herumrennen. Denn in Bewegung bleiben hilft. So konnten wir leider den Strand nicht so genießen, wie wir es gerne getan hätten und machten uns auf in den Wald. Nach einer Stunde wandern erreichten wir den Aussichtspunkt, der uns mit einem wundervollen Blick auf die Ausläufer des Lake Manapouri und einen kleinen, merkwürdig aussehenden Berg „The Monument“ belohnte.

Routeburn Track

Von Manapouri ging es dann weiter nach Te Anau. Der gleichnamige Lake Te Anau, der direkt an der Stadt liegt, ist mit 344 km² der größte See der Südinsel. Te Anau selbst ist ein bescheidener Ort, der zu großen Teilen vom Tourismus getragen wird. Jedenfalls war die Stadt voller Touristen, die sich für die Wunder Fjordlands interessierten. Für uns war es der Startpunkt zu einem Abenteuer, welches wir schon seit langer Zeit planten. Wir sollten am nächsten Tag in aller Frühe den Bus nach Queenstown und dann nach Glenorchy nehmen und von dort den Routeburn Track starten.
Der erste Tag war leider sehr verregnet und die Prognose für das Wochenende sah nicht viel besser aus. Wir liefen relativ zügig die ersten Kilometer am Routeburn River entlang, um zur Hütte an den Routeburn Falls, einem großen Wasserfall über dem Tal, zu gelangen und endlich aus den nassen Sachen herauszukommen. In der ersten Hütte machten wir Bekanntschaft mit zwei unglaublich netten Leuten, mit denen wir den Abend verbrachten. Der Wetterbericht für den nächsten Tag sah nicht besonders rosig aus und so gingen wir früh zu Bett, um am nächsten Tag schnell über den Harris Saddle zu kommen, bevor Wind und Regen noch stärker würden.

Am nächsten Morgen war es bereits sehr ungemütlich und die Wanderung, die uns eigentlich mit den großartigsten Aussichten belohnen sollte, wurde für uns erneut zum Sprint zur nächsten Hütte. Bloß raus aus der Kälte. Gut, ein paar schöne Aussichten gab es dann doch und ich muss zugeben, das schlechte Wetter sorgte hier für eine einzigartige raue Stimmung. Irgendwie fühlten wir uns auch gut, als wir am Ende des Tages den Bedingungen getrotzt hatten und sicher in der Hütte angekommen waren. Unsere beiden neuen Freunde vom Abend davor fanden wir dort auch wieder. Die Nacht auf der Hütte war witzig und sonderbar. Das Kaminfeuer wurde ziemlich schnell das Wichtigste, was es für uns je gegeben hatte. Wir verbrachten die Zeit mit lauter verrückten Ideen, Tee und Schokolade und vor allem dem Trocknen unserer Sachen. Denn nahezu jeder hatte etwas, was den Tag über nass geworden war. Die Wetterprognose war noch schlechter als am Tag zuvor und sollte sich so auch bestätigen.

Als wir am nächsten Tag aufwachten, war draußen alles weiß. Schneefall bis auf 600 Meter Höhe. Minus elf Grad am höchsten Punkt des Tracks, den wir glücklicherweise am Tag zuvor überquert hatten. Der restliche Weg bis zum Ende des Tracks war ungemütlich. Es ging in erster Linie darum, seine Temperatur zu halten und nicht irgendwo zu stürzen. Am dritten Tag allerdings liefen wir zu viert mit unseren neuen Bekannten und das war eine gute Entscheidung. Als wir „The Divide“ erreichten und den Track beendeten, waren wir durchgefroren und freuten uns sehnsüchtig auf eine heiße Dusche. Der Busfahrer, der uns nach Te Anau brachte, ließ die Heizung auf Hochtouren laufen und brachte uns sicher heim. Wenige Stunden später saßen wir vier in Te Anau im Pub und schwelgten schon in den Erinnerungen an das kürzlich überstandene Abenteuer. Wir waren alle so froh wieder warm und trocken zu sein und nicht mehr im Gebirge herumwandern zu müssen. Aber wir waren dennoch sehr glücklich diese Erfahrung gemacht zu haben. Wir hatten definitiv eine Menge Spaß!

Te Anau

Am Morgen nach diesem Fiasko waren die Berge schneebedeckt und wir fuhren zusammen ins Vogelreservat in Te Anau und konnten dort den ein oder anderen Interessanten Vogel von Nahen betrachten. Die Paradiesenten posierten wie immer auf einem Bein. Ein Stück weiter konnten wir einen lauthals kommunizierenden Kaka beobachten. Dieser Papagei war uns auf Stewart Island schon untergekommen, allerdings konnten wir ihn dort immer nur von weitem beobachten. Das wirkliche Highlight hier war allerdings der Takahe. Dieser flugunfähige Vogel galt schon als ausgestorben, bevor man doch noch weitere Exemplare fand. Im Moment geht man von ca. 300 noch lebenden Tieren aus. Durch seinen Schnabel, seine Größe und seine starken Beine, mit denen der Takahe in der Lage ist sich sehr schnell fort zu bewegen, mutet er wie ein Urzeitvogel an.

In Te Anau standen die Zeichen wieder günstig für die Jagd nach Südlichtern und ich hatte mir einen ganz besonderen Platz am Ufer eines kleinen Sees ausgesucht. Tatsächlich zeigte sich die Aurora an diesem Abend. Jedoch waren wir nicht in der Lage sie in voller Pracht zu sehen, da am Nachthimmel immer mehr Wolken aufzogen. Dennoch war es ein schöner Abend am See.

Milford Sound

Am nächsten Tag starteten wir zusammen mit unseren neu gewonnenen Freunden zu einem größeren Ausflug. Auf dem Plan stand als erstes Milford Sound. Wir hatten zwar nicht vor eine weitere Bootstour zu machen, da wir dies ja schon im Doubtful Sound gemacht hatten, aber in Neuseeland zu sein und sich diesen Ort nicht anzusehen war natürlich nicht drin. Da hier ähnliche Wetterkonditionen herrschen wir im Doubtful Sound können wir uns sehr glücklich schätzen, dass wir an diesem Tag so wunderbares Wetter hatten. Mitre Peak, der Gipfel in der Mitte des Sounds, zeigte sich in seiner wahren Größe und die ganze Szenerie hatte schon etwas Majestätisches. Wir hatten zu dieser Tageszeit auch noch Ebbe und konnten somit relativ weit hinaus wandern. Der durch Algen grüngelbe Untergrund machte die Situation nicht nur aus fotografischer Sicht perfekt.

Key Summit

Zweite Station auf unserem Ausflug war „The Divide“, der Endpunkt des Routeburn Tracks. Wir wollten zurückkehren, um uns die Aussichten abzuholen, die wir unserer Meinung nach nach dieser Tortur verdienten. Der Plan war eine Tageswanderung zum Key Summit, ein Hochplateau inmitten der Berge Fjordlands. Als wir die ersten Meter gemacht hatten, war uns schnell klar was wir das erste Mal auf diesem Weg verpasst hatten. Unter uns lag das Holyford Valley, das man fast komplett einsehen konnte. Das morastige Hochplateau selbst bot uns eine wunderbare Landschaft komplett von schneebedeckten Bergen umgeben. Auf dem Key Summit lag allerdings kein Schnee, naja fast keiner. Für einen Minischneemann hat es dann doch gereicht.

Auf dem Rückweg von unserem kleinen Ausflug hielten wir noch kurz an einem Aussichtspunkt mit Bergkulisse plus Spiegelsee. Gelungener Abschluss eines schönen Tages.

Einige wunderbare Momente hatten wir in den Catlins. Ich könnte vermutlich auf ewig die Wellen in der Curio Bay beobachten, wie sie mit unglaublicher Kraft auf die Felsen treffen. Die unendliche Weite des Pazifiks ist hier, nur einen Steinwurf vom südlichsten Punkt der Südinsel präsenter als überall sonst.