Kapitel 12 – Dunedin & South Otago

Als wir uns von Moeraki auf den Weg nach Dunedin machten waren vieler Orts die Blätter bereits gelb und rot gefärbt und der Herbst war in vollem Gange. Als wir aber auf dem sehr kurzen Stück den State Highway 1 hinunter kurz vor Dunedin in heftiges Schneetreiben gerieten waren wir doch überrascht wie deutlich der Winter sich ankündigte. Zugegeben es war nicht viel Schnee und wir sind aus der Heimat eigentlich andere Zustände gewöhnt, allerdings ist auch der Neuseeländische Straßenservice anders als wir es kennen. Er ist so gut wie gar nicht vorhanden. So rollten wir also über geschlossene Schneedecke in die Stadt ein und sahen auf dem Weg auch den ein oder anderen der mit seinem Auto am Straßenrand hielt, weil es einfach nicht mehr weiterging. Für uns ging die Fahrt glücklicherweise weiter und wir waren froh als wir in der Stadt angekommen waren.

Der Schnee und die Kälte waren jetzt nicht unbedingt, was wir uns für Camping und das Reisen in einem Van vorgestellt hatten, aber wir waren ja auf dem Weg zu einer Farm, auf der wir für ein paar Wochen arbeiten sollten. Also blieb uns auch kaum eine Möglichkeit als weiter in den südlichen Winter zu fahren.
Durch die Arbeit auf der Farm und die wunderbaren Leute, bei denen wir gewohnt haben, haben wir natürlich auch sehr viel über die Stadt Dunedin und das Umland gelernt. Durch diese lieben Menschen und das schottisch Flair der Stadt haben wir eine ganz besondere Beziehung zu Dunedin aufgebaut.

Shag Point

Bevor wir allerdings durch das Schneechaos in die Stadt fuhren hielten wir noch für eine Nach an der Küste. Auf dem Weg nach Dunedin machten wir noch einen kleinen Stop am Shag Point. Hier konnten wir wieder ein paar Robben beobachten und hatten zumindest zu dem Zeitpunkt noch herrliches Wetter. Wir hatten eine grandiose Aussicht die Ostküste entlang und genossen einen herrlichen Nachmittag.

Dunedin

Dunedin ist eine Verballhornung des schottisch-gälischen Begriffs Dùn Èideann, was nichts anderes als Edinburgh bedeutet. Die Beziehung zum Empire und vor allem zu Schottland ist hier also schon im Namen sehr deutlich. Auch in den Straßen kann man es spüren und es gibt einfach viele Einwohner mit schottischem Hintergrund. Es gibt eine ganze Menge Kneipen und Pubs in denen es Folkmusik-Sessions gibt. Wir trafen uns mit ein paar Freunden am Nachmittag auf ein Bier in einer Bar, die übrigens einem Schotten gehörte. Man bekommt ein gutes Glas voll Bier, standesgemäß natürlich bis oben hin voll und bloß nicht mit Schaum, und plötzlich kommt eine Truppe von Musikern herein. Der Wirt dreht die Musik aus und es wird in bester Folkmanier losgelegt. Der Vergleich mit Schottland bleibt also nicht aus, da auch die Landschaft im Umland stets grün und relativ hügelig daherkommt und die Küsten oftmals steil und die See meisten rau ist. Allerdings ist es der Pazifik, der wie immer mit seiner äußerst türkisen Farbe besticht und in den Straßen stehen auch schon mal Palmen im Vorgarten. Hier trifft das raubeinige Nordische auf das gemütliche Pazifische, zwei sehr unterschiedliche Lebensarten, die sich aber gerade in ihrer Herzlichkeit so nahe sind.

Dunedin ist aber auch, zumindest in Neuseeland, als Studentenstadt bekannt. Dies fiel uns auch direkt am ersten Tag auf, da wir vermutlich in die Stadt kamen, als eine Menge Studenten gerade graduiert hatten. Klassisch wie man es, zumindest in Deutschland, meist aus Filmen kennt, mit Robe und Talar zogen sie von der Universität in die Stadt. Wir machten uns aber auf und suchten uns erstmal eine Bleibe, um die nächsten Tage zu planen.
Nach all den Wanderungen, die wir hinter uns hatten und der Zeit, mal mehr in der Wildnis mal weniger, war Dunedin mal wieder ein richtiges Stadterlebnis. Erste Anlaufstation für uns war ein Spaziergang im botanischen Garten. Ein wirklich hübscher Park der für einen gemütlichen Tag genau das richtige war. Jede Menge Pflanzen waren hier zu finden, teilweise aus aller Welt. Im Gewächshaus des Gartens warteten sogar ein paar sehr interessante Exemplare. Etwas weiter den Hügel hinauf, immer noch im botanischen Garten, fanden wir auch eine sehr große Voliere, mit teilweise einheimischen und teilweise exotischen Vögeln.

Nach diesem Spaziergang, bei dem das Wetter gegen Ende leider gar nicht mehr mitspielte, fuhren wir noch zum Tropenhaus des Otago Museum. Keine besonders große Attraktion, aber perfekt für einen verregneten Nachmittag. Hier konnte man unglaublich viele verschiedene und teilweise sehr große Arten an Schmetterlingen beobachten, die mit etwas Glück auch mal den Platz auf der eigenen Schulter fanden.

Otago Peninsula & Royal Albatross Center

Nächste Station an einem weiteren Tag war die Otago Halbinsel. Einerseits findet man sehr viele kleine Buchten und wieder mal einzigartige Natur zum Entdecken. Wenn man allerdings bis zum Ende der Halbinsel durchfährt, erwartet einen ein noch viel interessanteres Spektakel. Am Taiaroa Head, der vordersten Punkt, befindet sich das Zentrum für Königsalbatrosse. Wir besuchten die Führung und waren ganz angetan von den „kleinen“ Küken, die zu dieser Zeit gerade dort aufgezogen wurden. Klein ist jedenfalls relativ, da der Albatross mit drei Metern Flügelspannweite ein ziemlicher Rekordvogel ist sind seine Küken auch nicht besonders klein sind, wie man unschwer auf den Bildern erkennen kann. Wenn die Jungen dann ausgewachsen sind wiegen sie so ca. 12 kg und müssen erstmal ein wenig abnehmen, um auf ihren ersten Flug zu gehen. Generell brauchen selbst die erwachsenen Tiere manchmal recht starken Wind als Starthilfe. Man merkt aber, dass es ihnen ein wahre Freude ist zu fliegen, wenn diese wirklich Königlichen über einen hinweg gleiten. Schaut man dann zur Seite und sieht wie die viel kleineren Möwen im starken Wind ganz offensichtlich ihre Probleme haben, dann weiß man woher dieser majestätische Vogel seinen Namen hat.
Wenn die Jungtiere zu ihrem ersten Flug starten sind sie manchmal fünf Jahre unterwegs ohne je an Land zu gehen. Sie überqueren den Pazifik, um nach Südamerika zu fliegen und wieder zurück. Sie ernähren sich nur von Fisch, am liebsten von Tintenfisch und sie trinken Salzwasser, welches sie mit einem speziellen Organ entsalzen können.
Hat man diese bewundernswerten Kreaturen erlebt, und einiges über sie gelernt, kommt man nicht umhin den eigenen Fischkonsum mal zu überdenken. Eine der größten Gefahren für diese und auch für andere Seevögel und Meerestiere stellt die Langleinenfischerei dar. An den Haken der Langleine hängen Köder, die der Albatross genauso begehrt, wie der Fisch auf den die Fischer es abgesehen haben. Eine ziemlich schlechte Sache für einen Bestand von Tieren, die nur alle zwei Jahre ein Küken groß ziehen.

Der Weg über die Halbinsel führt uns auch mal wieder zu einem wunderbaren Strandspaziergang. Flache Gewässer mit direkter Sicht auf den offenen Pazifik. Hier zeigt sich die raue Gewalt des Ozeans. Ich könnte stundenlang dort sitzen und den Wellen zusehen.
Auf unserem Rückweg von der Otago Halbinsel machten wir noch einmal kurz bei den Glenfalloch Gardens halt. Wir genossen den Herbst von seiner schönsten Seite und wenn es auch nicht ein besonders bemerkenswertes Ziel für einen Ausflug ist, so war es dennoch ein wunderbarer Spaziergang zwischen roten und gelben Blättern und doch noch grünen Bäumen.

Baldwin Street

Ein weiterer Punkt der bei vielen Reisenden auf der Liste steht ist die mittlerweile nicht mehr ganz steilste Straße der Welt. Man würde eigentlich vermuten, dass man so etwas eher in San Franzisco findet oder in einer anderen dieser außerordentlichen Städte. Aber man findet sie eben in Dunedin, einer Stadt die mit ca. 120000 Einwohnern die fünftgrößte Stadt des Landes ist, und die jeder im Land kennt. Wer aus Deutschland kennt eigentlich unsere Heimatstadt ähnlicher Größe Moers? Aber zurück zur Straße. Der Bürgersteig ist hier als Treppe angelegt und schlaucht schon etwas wenn man die Straße entlang schlendert. Im steilsten Teil hat sie ca. 35 % Steigung. Hier wurden Betonplatten für die Oberfläche gewählt, da herkömmlicher Asphalt bei warmen Temperaturen ins Fließen geraten könnte. Ein Ort der Superlative, allerdings leben die Menschen hier, wie alle anderen auch, ganz normal in der Horizontalen. 2019 wurde dieser Ort allerdings von einer Straße in Wales als steilste Straße der Welt abgelöst.

Harbour Cone

Eine der einfachsten Wanderungen, die wir hier in Neuseeland gemacht haben, führte uns an einem sonnigen Nachmittag auf den Gipfel des Harbour Cone auf der Otago Halbinsel. Das Besondere hier war die wirklich komplette 360 Grad Sicht und der Blick über die Halbinsel, den Hafen und den Pazifik. Wir blieben dann fast den ganzen Nachmittag auf der Spitze und genossen die Sonne.

Taieri River Track

Auf den heißen Tipp unserer Woofing Hosts und Freunde in Dunedin machten wir einen Tagesausflug am Taieri River und liefen den Taieri River Track. Ein wunderbarer Wanderweg, der sich im ersten Teil am Fluss entlang windet und später dann an den Hängen des Tals empor klettert. Am höchsten Punkt hatten wir dann eine traumhafte Aussicht auf das Flusstal, welches sehr ruhig und sehr ursprünglich anmutet. Eine leichte Wanderung, die einem jedoch einige schöne Aussichten beschert.

Dunedin Railway Station

Wenn es etwas gibt, was Neuseeland definitiv nicht kann, dann ist es mit prachtvollen alten Gebäuden glänzen. Nicht verwunderlich bei einem Staat, der eine so junge Geschichte hat und zweifelos nicht der Grund, warum wir uns dieses Land als Reiseziel ausgesucht haben. Umso schöner ist es, wenn man dann mal wieder eine Ausnahme der Regel findet. In diesem Fall den alten Bahnhof der Stadt Dunedin. Nicht verwunderlich, da von Dunedin aus 1871 die erste Eisenbahnstrecke des Landes nach Port Chalmers eröffnet wurde.

Aramoana

Wir haben dann auch den Weg nach Port Chalmers auf uns genommen. Ein wirklich schnuckeliges kleines Hafenstädtchen. Nach einem leckeren Lunch und einem Bierchen im Portsider ging es weiter nach Aramoana, der vordersten Spitze der Hafenmündung, welche gleichzeitig ein Naturschutzgebiet ist und einen wundervollen Strand zu bieten hat. Beim Spaziergang auf der Mole konnten wir die Otago Halbinsel diesmal von der anderen Seite aus beobachten. Türkises Wasser, weißer Sand und das Grün der Vegetation sahen mal wieder umwerfend aus.

Brighton Beach

Dass Dunedin nicht nur gutes Publeben und eine wunderbare Stadt zu bieten hat, sondern auch jede Menge interessantes Umland mit unzähligen Möglichkeiten Natur zu erleben, wurde uns recht schnell klar. Wir entdeckten diesen schönen Strand kaum 15 Minuten vom Zentrum entfernt in Brighton und verbrachten die mindestens für Fotografen magische blaue Stunde dort.

Tunnel Beach

Ein weiterer kleiner Tagesausflug zum Tunnel Beach zeigte uns ein wunderbares Steilküstenpanorama mit großen Wellen und viel natürlicher Küstenlinie. Wir könnten stundenlang auf den Felsen sitzen und den riesigen Brechern zusehen, wie sie in die Bucht und gegen die Felsen rollen.
Ein anderer Reisender, den wir irgendwo getroffen haben, hat über die Stadt einen schönen Satz gesagt, der meiner Meinung nach genau ins Schwarze trifft. Er sagte: „Dunedin ist keine Stadt um dort hinzureisen, es ist eine Stadt um dort zu leben.“ Wenn man sich irgendwo für längere Zeit aufhält, dann bekommt man die Eigenheiten des Ortes mit und man findet die nicht so populären aber dennoch sehr schönen Stellen. Genau diese Orte haben uns an Dunedin sehr fasziniert. Die letzten beiden Panorama-Aufnahmen zeigen Dunedin von der Spitze des Harbour Cone und vom Mount Cargill auf der anderen Seite des Dunedin Harbour.

Bevor es nach einigen wahnsinnig schönen Wochen in Dunedin für uns weiter nach Süden ging, fuhren wir noch einmal auf die höchste Anhöhe in der Nähe von Dunedin, den Mount Cargill. Von hier hatten wir eine bahnbrechende Aussicht auf diese wunderbare Stadt, die uns so ans Herz gewachsen war und das Umland.