Kapitel 6 – Vom Mount Taranaki nach Wellington

Im Westen der Nordinsel liegt der Egmont-Nationalpark. Der Park erstreckt sich mit einem Durchmesser von ca. 10 Kilometern um den Vulkan Mount Taranaki. Das meist von Westen hereinziehende Wetter bleibt oft am Gipfel hängen und sorgt für große Niederschlagsmengen in der Region. So hat sich rund um den Taranaki ein dichter Regenwaldgürtel gebildet. Dort besuchten wir die Dawson Falls, einen Wasserfall südöstlich des Mount Taranaki, welcher vom Kapuni Stream gespeist wird und erklommen den Sekundärgipfel des Taranaki. Weiter ging es für uns die Küste entlang bis wir dann letztendlich in Wellington ankamen, um die Fähre auf die Südinsel zu nehmen.

Mount Taranaki

Mount Taranaki ist der perfekte Vulkan. Der Berg ist mit einer Gipfelhöhe von 2518 Metern nicht mal besonders hoch, wirkt jedoch vom fast meerebenen Umland aus viel gewaltiger als ein Berg, der sich in der Gesellschaft anderer Berge befindet. Der Legende nach weilte Taranaki einst bei den anderen Berggöttern Tongariro, Ruapehu und Ngauruhoe im Zentrum der Nordinsel. Die Liebe Tongariros und Taranakis zu Pihanga löste einen Krieg der beiden Götter aus. Taranaki verlor diesen und zog sich der Sonne folgend allein an die Westküste zurück, um dort in Trauer zu leben. Sollten die Götter sich je wieder versöhnen, so wird Frieden auf Erden herrschen und Taranaki wird wieder ins Innere der Insel zurückkehren.

So viel zur Legende. Wir hatten uns vorgenommen „nur“ den sekundären Gipfel auf 1966 Meter zu ersteigen, da wir neben der Legende auch von der Schwierigkeit der Wanderwege gehört hatten. Das war eine gute Idee. Wir wollten natürlich auch bei entsprechender Sicht wandern und hofften auf einen Tag ohne Regen und Wolken. Wir warteten schon knapp zwei Wochen als der perfekte Tag dann tatsächlich kam. Genauer gesagt hatten wir den Berg, die ganze Zeit vorher noch nicht einmal zu Gesicht bekommen. Aber als wir an diesem Morgen aus den Federn krochen zeigte sich Taranaki in seiner ganzen Schönheit. Wir starteten also voll motiviert zum Gipfel in der Hoffnung das Wetter würde sich halten.

Im Prinzip ging der Weg durch drei Zonen. Die ersten Höhenmeter waren sehr entspannt. Sie führten durch den uns bekannten neuseeländischen Regenwald. Nach einiger Zeit wurden die Bäume dann immer kleiner und wichen einer dichten Tussockgraslandschaft. Weiter ging es auf Holzstegen, mit dem Berg zur einen Seite und dem Abgrund zur anderen. Mit Blick nach Osten konnten wir das zentrale Bergmassiv um den Tongariro erkennen. Und wir dachten wieder an die Legende. Als wir das letzte Stück erreichten, welches vorwiegend aus Vulkanstein und Geröll bestand, wurde es richtig hart. Mit jedem Schritt vorwärts rutschen wir wieder ein kleines Stück bergab. Nach fast einer Stunde im steilen Geröllhang, etlichen Überlegungen aufzugeben und unaussprechlichen Flüchen, hatten wir den Gipfel endlich erreicht.

Und wir sahen Wolken.

Aber auch wenn wir keine freie Sicht ins Tal oder zur Küste mehr bekommen sollten, konnten wir feststellen, dass es sich dennoch sehr gelohnt hatte. Denn als wir uns gerade an den Abstieg machen wollten gaben die Wolken, einen kurzen Blick auf den Hauptgipfel dieses einzigartigen Vulkans preis. Etwas so beeindruckendes hatten wir noch nie gesehen!

Nach dem Abstieg und insgesamt neun Stunden Wanderung fehlte eigentlich nur eines: ein Bierchen und Fisch and Chips!

Cape Egmont

Am nächsten Tag fuhren wir zur Westküste, zum Cape Egmont Lighthouse. Dort verbrachten wir den Nachmittag bis in die Abendstunden. Wir leben normalerweise ja sehr weit weg vom nächsten Ozean und nutzten in Neuseeland immer gerne eine Möglichkeit ein wenig Zeit am Meer zu verbringen und in die Ferne zu schauen. Mount Taranaki war natürlich von dieser Seite auch wunderschön, gerade mit dem Leuchtturm im Vordergrund.

Patea Beach

Nachdem wir die Region hinter uns gelassen hatten und weiter Richtung Süden steuerten machten wir noch kurz halt an einem Fotospot bei Patea. Das Wetter war stürmisch und die See rau. Wir fanden eine lange Mole, die weit in die kräftigen Wellen hineinragte. Ein wenig den Strand hinunter konnte man ein altes Schiffswrack im schwarzen Sand entdecken. Für mich war dies dramatisch genug, um ein wenig Schwarz-Weiß-Fotografie zu betreiben.

Castlepoint

Castlepoint ist ein ruhiges verschlafenes Feriennest. Vorletzter Stopp für uns, bevor es auf die Fähre Richtung Südinsel ging. Mit einem wunderschönen Strand, erweitert durch eine Leuchtturm- und Klippenlandschaft, ist es das perfekte Ziel für einen kleinen Tagesausflug. Als wir dort waren, war die Saison gerade zu Ende gegangen und das Wetter leider nicht mehr so schön. Allerdings kamen wir so in den Genuss die volle Wucht der meterhohen Wellen des Pazifiks zu beobachten. Ein beeindruckendes Schauspiel.

Wellington

Neuseelands Hauptstadt Wellington ist mit knapp 200.000 Einwohnern eine der größeren Städte in Neuseeland und doch so viel kleiner als Auckland. Verglichen mit europäischen Städten ist Wellington auch nicht unbedingt groß. Die Wirkung gerade wenn man sich im Zentrum befindet ist aber eine andere. Auch Wellington wirkt größer als die Einwohnerzahl vermuten lässt. Hier findet viel Leben statt. Die Straßen sind voller Menschen und man findet die verschiedensten Läden. Es gibt sogar eine, wenn auch recht kurze Einkaufsgasse mit Fußgängerzone. Wir verbrachten relativ viel Zeit in Wellington und haben das auch sehr genossen. Besonders erwähnenswert ist zum Beispiel der Mount Victoria Aussichtspunkt von dem aus man eine gute Sicht auf den kompletten Hafen und die Stadt hat. Und vor allem das Te Papa Tongarewa Museum, das Nationalmuseum. Hier bekommt einen sehr guten Überblick über viele Aspekte des Landes vermittelt. Auch das Nachtleben kann man in Wellington ganz gut genießen, es gibt viele Bars und Cafés und Kneipen und auch Live-Musik findet man hier relativ häufig. Wir ließen uns einfach ein wenig im Trubel der „Metropole“ treiben, bevor es für uns in den wesentlich geringer besiedelten Süden gehen sollte.